Dass die Arbeiten von Irmgard Rauch-Campmol dennoch nicht die verdiente Beachtung fanden, hatte unterschiedlichste Gründe. Zum einen war Irmgard Campmol- Rauch als Vertreterin der nichtakademischen, naiven Kunst in den 1980-ern einfach zu spät dran. Während frühere Holzinger-Ausstellungen groß in ausnahmslos allen Zeitungen der Landeshauptstadt besprochen wurden, blieb für Irmgard Rauch-Campmol lediglich ein elfzeiliger Veranstaltungshinweis auf die Ausstellung „Vom Hinterglasbild zum Abstrakten“ der „Hobby-Künstlerin“ und „Frau des bekannten und beliebten Buchautors Fred Rauch“. Auch wenn Irmgard Rauch-Campmol von großer schöpferischer Kraft war und vielfältig Talent hatte, so war sie ohne akademisch künstlerische Ausbildung zwangsläufig im 20. Jahrhundert stets die Frau hinter, bestenfalls neben dem erfolgreichen Mann.
Zugleich war die Farbigkeit - pur aus der Tube wie gekauft, was zehn Jahre zuvor, nach Epochen der selbstgemischten und individuellen Farbigkeit noch eine Revolution darstellte – in den 1980-ern nichts Neues mehr. Es barg obendrein die Gefahr, dass sich die einzelnen Werke auf den ersten Blick nicht groß voneinander unterschieden. Es braucht Zeit und Muße, sich das Spiel der Farbigkeit zu erschließen.
Dazu kommt ein Schubladenproblem: Von ihrer Ausbildung her mag Irmgard Rauch-Campmol eine „Naive“ gewesen sein, ihr Stil aber war von ihren akademisch geprägten Mal- und Zeichenlehrern inspiriert. Und so hatten ihre „Color Plays“ nichts gemeinsam mit den Arbeiten anderer nichtakademischer Maler ihrer Zeit, beispielsweise dem gefeierten Max Raffler aus Greifenberg am Ammersee oder auch den naiven Landschaftsmalern aus Osteuropa. Die Unterschiede waren zu deutlich, um noch auf den Ausläufern der „Naiven Welle“ mitsurfen zu können. Als Laie malte sie wie ein Profi und saß damit stilistisch zwischen den Stühlen.
Schließlich beging Irmgard Rauch-Campmol noch einen Kardinalfehler, der schon etlichen Künstlerkarrieren zum Verhängnis wurde und bis heute wird: Die lebendige und großherzige Frau von Fred Rauch verschenkte etliche ihrer Bilder, oft anlässlich von Jubiläen und Feiern an den großen gemeinsamen Freundeskreis. Sehr wenige haben Irmgard Rauch-Campmols „Color Plays“ oder die Arbeiten, die sie nach dem Tod ihres Mannes während der letzten Lebensjahre im Seniorenstift Rupertihof in Rottach-Egern anfertigte, tatsächlich käuflich erworben und über ihren Tod hinaus in Ehren gehalten.
Wenngleich die Stärke der „Farbenspiele“ und damit auch der schöpferischen Kraft ihrer Urheberin in der Eindimensionalität einer Fotografie bei weitem nicht so zur Geltung kommt wie bei den Originalen: Auch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung sind es die großen Positive und die Miniatur-Negative wert, mit ihnen in Resonanz zu gehen. Durch die Hand und den Blick von Irmgard Rauch-Campmol lässt sich die eigene schöpferische Kraft spiegeln.
Alexandra Korimorth